Was die Pfuscher mehr fürchten als der Teufel das Weihwasser


16.6.2011: My thanks to Steelclaws, who made an English Version: http://www.ariplex.com/ama/amaswamp.htm

28.5.2001

Was die Pfuscher mehr fürchten als der Teufel das Weihwasser

Eine reißerische Überschrift? Gewiß, doch der Sache angemessen.

Beginnen wir das Thema mit einem einfachen Beispiel, dem von den 2 Wegen durch den Sumpf:

Wahrscheinlich haben Sie jetzt 2 Gedanken:

1. selbstverständlich den Weg B zu nehmen

2. zu fragen, was das Beispiel mit der Überschrift zu tun hat.

Die Antwort wird Sie vielleicht verblüffen: Das obige Beispiel hat eine verheerende Wirkung, wenn Sie es zum Beispiel in einem Forum oder einer Diskussion bringen.

Sie können das selbst ausprobieren: In einer Diskussion über Wirkung und Wirkungsnachweise von Heilmitteln können Sie völlig unvermittelt und ohne nähere Erklärung das Beispiel bringen.

Warum, und das ist der Knackpunkt, herrscht danach betretenes Schweigen? Wieso diese Furcht?

Analysieren wir das Ganze.

Als erstes enthält das Beispiel 2 Möglichkeiten. Möglichkeit A ist ein sehr gefährlicher Weg, Möglichkeit B ein zwar gefährlicher Weg, aber viel sicherer als Weg A.

Der Kandidat hat die Wahl zwischen A und B. Sich davonschleichen geht nicht. Einen der beiden Wege MUSS er nehmen. Aber welchen? Es gehört nicht viel Nachdenken dazu, um festzustellen, daß der Weg B die bessere Überlebenswahrscheinlichkeit bietet. Warum also sollte jemand das größere Risiko des Weges A eingehen?

Beim Weg B sind 800 von 1000 angekommen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit beträgt demnach 80% (achtzig Prozent).

Beim Weg A sind 10 von 1000 angekommen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit beträgt demnach 1% (ein Prozent).

Wenn sich jemand durch den Sumpf begibt, dann kann er beim Weg B überleben und auch beim Weg A. Aber OB er überlebt, das weiß er vorher nicht.

Der Weg B ist keine Garantie für das Überleben. Warum ist es trotzdem besser, ihn zu gehen? Antwort: Weil man davon ausgehen kann, daß auch beim nächsten Mal die Wahrscheinlichkeit des Überlebens sich nicht sehr gegenüber den vorigen Gängen unterscheiden wird. Der wichtige Begriff ist "Reproduzierbarkeit" (Wiederholbarkeit). Wenn wir 1000 Leute über Weg B schicken und es kommen 800 an, dann können wir einigermaßen sicher sein, daß bei den nächsten 1000 ebenfalls 800 heil durchkommen werden. Wir können allerdings nicht vorhersagen, WER überleben wird.

Im täglichen Leben ist der Begriff der Reproduzierbarkeit nicht häufig - und bei der Entscheidung "Weg A oder Weg B ?" denkt man auch nicht groß über den Begriff nach. Man nimmt einfach an, daß - "wenn so viele durchkommen" - man es auch schaffen wird. Das jedoch ist nichts anderes als die praktische Umsetzung des Begriffs Reproduzierbarkeit !

Die Reproduzierkarkeit ist einer der entscheidenden Punkte in der Medizin. Nimmt man ein Medikament A oder ein Medikament B? Antwort: Man wählt das Medikament aus, bei dem reproduzierbar die Ergebnisse am besten sind. Warum auch sollte man sich mit etwas schlechterem zufrieden geben!?

Für die Reproduzierbarkeit bei Medikamenten oder Heilmethoden ist eine ständige Überwachung erforderlich. Es könnte doch sein, daß plötzlich ein Medikament nicht mehr wirkt oder bisher unbekannte Nebenwirkungen auftreten. Manche Nebenwirkungen werden erst mit großer Verzögerung sichtbar.

Die Reproduzierbarkeit ist also nichts selbstverständliches und auch nichts unveränderliches! Man muß sie mit einer laufenden Überwachung ALLER Fälle ermitteln. Das bedeutet Statistik. Statistik hilft Leben retten.

Bezogen auf den Sumpf sagt die Statistik, daß 80% überleben beim Weg B und nur 1% beim Weg A. Aufgrund der Reproduzierbarkeit wird es besser sein, in Zukunft Weg B zu nehmen.

Bezogen auf Medikamente sagt die Statistik, daß Medikament B besser ist als Medikament A. Und damit schnappt die Falle zu: Würden Sie ein Medikament nehmen, von dem man Ihnen die Erfolgswahrscheinlichkeit verschweigt?

Was halten Sie von einem Hersteller, der rundheraus erklärt, er sei niemandem Rechenschaft über die Erfolgswahrscheinlichkeit schuldig?: Man solle sein Mittel nehmen - und basta! ...

"Nicht möglich!", sagen Sie. Leider doch, wie die vielen Beispiele der letzten Jahre immer wieder zeigen.

Statt Erfolgsstatistiken auf den Tisch zu legen, behaupten diese Hersteller mit einer kaum zu überbietenden Frechheit zum Beispiel, ihre Medikamente und Heilmethoden seien nicht überprüfbar -- weil man ja "auf jeden Menschen individuell" eingehen müsse.

Gewiß doch, aber die Krokodile im Sumpf gehen auch auf jeden Passanten individuell ein, und es ist unterm Strich egal, ob ein grünes oder ein schwarzes oder ein braunes Krokodil als letztes zubeißt. Tot ist tot. Und "tot ist tot" gilt auch bei Menschen, die eine Medizin brauchen! Was zählt, ist die Zahl der Überlebenden. Wenn eine Behandlungsform nicht 1 oder 2, sondern Hunderte von Einzelmedikamenten hat, warum nicht? Dann zählt man die Überlebenden dieser Behandlungsform. Wirklich einfach.

Obwohl einfach, wird DENNOCH die Statistik verweigert. Man könnte überlegen, ob die Statistik vielleicht zu kompliziert sei, doch sie ist es nicht. Die Überlebenden zu zählen ist wirklich einfach. Dennoch, es wird nicht getan...

Sie werden einwenden, daß es nicht immer um Leben und Tod ginge. Jawohl, Sie haben recht. Doch wenn ein Mensch krank ist, dann gibt es die Möglichkeit 1) er wird gesund und Möglichkeit 2) er wird es nicht. Und zwischen krank und gesund sollte man unterscheiden können. Also doch nicht so schwer. Und DENNOCH!, die Hersteller weigern sich.

Welchen Grund sollte es geben, den Beweis für die Wirksamkeit einer Heilmethode oder eines Medikaments zu verweigern, noch dazu, wo mit der angeblich so phantastischen Wirksamkeit GEWORBEN wird !?

Ist das Medikament wirklich so gut, ist es doch logisch, daß der Beweis ohne jeden Zweifel zu erbringen ist. Oder etwa nicht...?

Ist das Medikament hingegen ein Schwindel, ja, was dann...? Aber das ist ja niemals der Fall, nicht wahr, denn sonst würde der Hersteller doch nicht mit der Wirksamkeit werben. Oder etwa doch...?

Wußten Sie, daß jedes Jahr in Deutschland für einen 2-stelligen Milliardenbetrag Medikamente und Heilmittel verkauft werden, bei denen es KEINEN Nachweis der Wirkung gibt?

Fassen wir zusammen:

Mit einem einfachen Beispiel läßt sich zeigen, daß Reproduzierbarkeit das Fundament einer vernünftigen (rationalen) Medizin ist.

Nur durch laufende Überwachung von Wirkungen und Nebenwirkungen - und deren Analyse - läßt sich die Qualität einer Medizin beurteilen.

Selbst dann, wenn es Varianten einer Medizin gibt, läßt sich in einer Summenstatistik der Erfolg oder Mißerfolg prüfen.

Und dennoch - es gibt Hersteller, die den Nachweis der Wirksamkeit verweigern.

Welchen Weg würden Sie gehen, A oder B?

Aribert Deckers

hier geht's weiter !
[ HOME ]

Copyright © 2001 - 2011
Aribert Deckers
and
Copyright © 2001 - 2011
Antares Real-Estate

Jegliche Weiterverwendung der Texte von "Wehrhafte Medizin" ist verboten.
Verlage dürfen sich wegen der Nachdruckrechte per Email an mich wenden.
Aribert Deckers