An der Heimatfront
Posted by AcorlinLiebe Freunde,
das Leben ist hart. Wir sind von Feinden umzingelt. Terroristen und Spione überall. Wie gut, daß es noch die Aufrechten gibt, die Zeitungen, die die Fackel der Wahrheit …
Nein, so ist das nicht. Nein, so ist das nicht. Terrorismus: ja. Spionage: ja. Aber mit den Aufrechten, da hapert es, da ist was faul.
Mely Kiyak, ich lese gerne, was sie schreibt, sie hat ja so recht. Aber ist ihr eigentlich aufgefallen, was der Verlag damit anstellt?
Als Abonnent des Newsletters ihres Blogs “Kiyaks Deutschstunde” bekomme ich vom Absender ZEIT ONLINE für den neuesten Blog-Artikel heute (18.2.2015) diese URL:
http://newsletterversand.zeit.de/go/9/170YRYM4-191RXZTT-12XV2XJF-4S1NTY.html
[1]
Sieht ein bißchen seltsam aus, nicht wahr? Irgendwie verschlüsselt, was auch immer verschlüsselt sein mag.
Der Text, den man dann als Web-Seite auf den Schirm bekommt, ist der reine Text. Ohne Firlefanz. Und ohne Reklame und ohne die Kommentare.
Allerdings sieht im Adreßfeld des Browsers die Sache ganz anders aus, nämlich so:
http://newsletterversand.zeit.de/ov?mailing=191RXZTT-18WAQV3&m2u=170YRYM4-191RXZTT-EZ9X5H
Seltsam, nicht wahr?
Geht man dagegen über die Homepage der ZEIT los und folgt den Links DORT, so erreicht man den Blog-Artikel mit dieser URL:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2015-02/judentum-antisemitismus-merkel-kiyak-deutschstunde
DAS ist ein ganz anderes Tier, subversiv für die Suchmaschinen vertitelisiert, eine “sprechende URL”.
Dem Server kann das egal sein. Wer dagegen als Mensch so eine lange URL tippen muß, ist weniger glücklich, weil jedes Zeichen mehr die Wahrscheinlichkeit eines Tippfehlers vergrößert. Einfach eine Nummer zu nehmen (die “Süddeutsche Zeitung” hat es inzwischen begriffen), ist VIEL, VIEL einfacher.
Aber mit einer Nummer kann man die Suchmaschinen nicht bescheißen. Pardon my French, aber das muß in dieser Härte gesagt werden. Wer einmal eine URL von der Länge eines ganzen Satzes eingegeben hat, weiß, wovon ich rede.
Muß man Jemandem am Telefon diesen Satz als URL auch noch buchstabieren, dann hat man ein echtes Problem. Mache man das bitte als Ferngespräch mit einem Texaner, oder einem Alaskaner, dann weiß man, was man hat. Ärger, und den nicht zu knapp!
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Warum wird aus
http://newsletterversand.zeit.de/go/9/170YRYM4-191RXZTT-12XV2XJF-4S1NTY.html
das?:
http://newsletterversand.zeit.de/ov?mailing=191RXZTT-18WAQV3&m2u=170YRYM4-191RXZTT-EZ9X5H
,obwohl der normale Surfer dies bekommt?:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2015-02/judentum-antisemitismus-merkel-kiyak-deutschstunde
Die letztere URL ist eindeutig und Jeder bekommt die gleiche. Aber die erste ist verschlüsselt und gibt Aufschluß darüber, WER sie gemailt bekam.
Die zweite zeigt an, daß der Artikel gelesen wurde – und dazu erreicht wurde über den identifizierten Newsletter-Empfänger.
Richtig interessant wird es, wenn man die URLs weitergibt: jeder der uns Folgenden hinterläßt mit uns eine Datenspur.
Was an uns, die wir uns an Mely Kiyak’s Deutschstunde erfreuen, ist so bemerkenswert, daß der Verlag uns UND UNSERE UMGEBUNG, der wir die URLs weitergeben, nachspioniert?
Wir sind, und da habe ich die Überschrift in voller Absicht gewählt, an der Heimatfront, da, wo die Spionage mitten durch unsere Wohnzimmer und unsere Büros – mitten durch unser Leben – über den Bildschirm läuft.
Freiheit ist was anderes.
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[1] 191RXZTT stand natürlich nicht da, sondern eine Zeichenkette, die ich hier unkenntlich gemacht habe
—–
“Die Deutschen hat man gefragt, warum sie Hitler nicht verhindert haben.
Euch wird man fragen, warum Ihr Java(script) nicht verhindert habt.”
http://www.ariplex.com/petra/petracom.htm