Datum: 21.08.2001 20:04:12 Autor: Udo Teichmann ©
Mißbräuchlich gelöschte Threads, moderationswidrige Sperre von Marco Münzer


Hausrecht in der Demokratie
Hausrecht in der Demokratie

1. Hausrecht ist eine Sonderform des Besitzrechts. Der Besitz eines Hauses soll ungestört genossen werden können. Deshalb kann der Besitzer eines "Hauses" grundsätzlich selbst bestimmen, wie es in seinem Haus zuzugehen hat.

2. Dieses Hausrecht ist aber vielfältigen Einschränkungen unterworfen. So darf der Inhaber des Hausrechts etwa Leute in seinem Haus nicht tätlich angreifen oder beleidigen, sie nicht sexuell belästigen und nicht bestehlen, sie nicht nötigen und nicht bedrohen, keine verfassungsfeindlichen Symbole in seinem Haus feilbieten und ohne ausdrückliche Erlaubnis in seinen vier Wänden weder Kriegswaffen noch Drogen herstellen, und, und, und.

3. Zur demokratischen Kultur gehört es heute auch, daß der Inhaber des Hausrechts in seinem Haus keinen Meinungsterror ausüben darf. Der Vater, der seinen Kindern oder Gästen vorschreiben will, was zu denken hat, wer die Beine unter seinen Tisch setzt, ist ein vordemokratisch verknöcherter autoritärer Schaisser, der schwerlich das Vorbild für den Umgangsstil einer demokratischen Partei abgeben dürfte.

4. Demokratie ist nämlich keine bloß formale Regierungsform staatlicher Institutionen, sondern unmittelbare Lebensform der Demokraten, deren demokratischer Lebensstil sich durch demokratische Wertentscheidungen bis in scheinbar kleine Fragen des Alltags hinein ausdrückt.

5. Wer als demokratische Partei in seinem Internetforum zu einer öffentliche Diskussion einlädt, ist bei der Wahrnehmung seines "virtuellen Hausrechts" an die Wertentscheidungen der Verfassung gebunden. So ist etwa die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 GG nicht nur eine unmittelbar den Staat in seine Schranken weisende Vorschrift, sondern zugleich auch eine Wertentscheidung für den offenen demokratischen Diskurs in dieser Gesellschaft, die auch bis in private Meinungsgefechte hinein ausstrahlt.

6. Der Betreiber eines öffentlichen Internetforums ist berechtigt, für alle Teilnehmer verbindliche Regeln aufzustellen, unter denen er die Nutzung seines Forums zuläßt. Es ist dann aber auch selbst an diese Regeln gebunden und darf sie nicht willkürlich anwenden oder ignorieren. Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens schafft für die Nutzer des Forums den sicheren rechtlichen Rahmen, in dem sie an dem Forum teilnehmen können. Handelt der Betreiber diesem Verbot zuwider, verfährt er also etwa unberechenbar und willkürlich in seiner Moderation, so verstößt er gegen Rechte der Teilnehmer. Eine Berufung auf sein Hausrecht, nach dem er etwa beliebig in seinem Forum verfahren könne, wird von den Gerichten nicht anerkannt. Er kann Teilnehmer von der weiteren Nutzung des Forums nur ausschließen, wenn diese sich rechtswidrig verhalten haben. Diese Rechtswidrigkeit hat der Betreiber notfalls vor Gericht nachzuweisen.

7. Das Internetforum politischer Parteien ist juristisch und politisch Neuland. Deshalb sind divergierende Meinungen über die Rahmenbedingungen, unter denen ein demokratisches Diskussionsforum durchzuführen ist, nichts Ungewöhnliches. Diese Divergenzen sind selbst auch demokratisch, also im offenen Diskurs und notfalls auch mit Hilfe der Gerichte auszutragen. Deshalb ist die hartnäckige Einforderung verfassungsfreundlicher Rahmenbedingungen im CDU-Internetforum kein "berufsmäßiges Herumschreien" sondern verdankt sich staatsbürgerlicher Selbstachtung und gesamtgesellschaftlicher Verantwortungsbereitschaft.

Und das ist auch gut so.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Teichmann