Dokumentation: Der Fall Forum des Gesundheitsministeriums


17.3.2002

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Die in diesem File gemachten Ausagen dürfen auf keinen Fall bedenkenlos als wahr hingenommen werden! Fragen Sie bitte UNBEDINGT immer einen oder mehrere GUTE Ärzte. Denken Sie daran: Es geht um Ihre Gesundheit! Aus genau diesem Grund wurde diese Dokumentation erstellt!

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Autor Thema:   Milchmädchenrechnungen
mehner
unregistriert
erstellt am: 26. November 2000 19:23           
Hallo, halte gerade meine Beitragsrechnug meiner privaten Krankenversicherung für
2001 in den Händen.
Ich zitiere wörtlich " Sehr geehrter Herr Mehner, gegenwärtig wird heftig um die Zukunft unseres Gesundheitswesens diskutiert.
Das haben Sie sicherlich verfolgt. Es gibt immer neue Behandlungsmethoden und Arzneimittel, immer mehr Gesundheitsleistungen werden nachgefragt. Dies alles treibt die Kosten in die Höhe. Wir sind daher gezwungen, zum 01.01.2001 die Beiträge anzupassen."
Ich halte die Versicherungsfritzen für kalter
Rechner.
Nur Milchmädchen oder auch Druckergesellinnen mögen da glauben, daß man
Kosten im GKV System begrenzen kann.
Weiteres Abwarten zerstört das System völlig.
Ein krasser Politikwechsel ist gefragt, keine
neue Ehe, keine neue Talkshow, liebe Spitzenpoliter Deutschlands.
MfG Mehner

Peter Rapp
Mitglied
erstellt am: 26. November 2000 20:52     Sehen Sie sich das Profil von Peter Rapp an!   Senden Sie Peter Rapp eine eMail!     
so, eben auch die Post abgearbeitet ?
Mir scheint, wir sind beide in der VK.

Na denn,
PR

Wolfgang Meuresch
Mitglied
erstellt am: 26. November 2000 20:58     Sehen Sie sich das Profil von Wolfgang Meuresch an!   Senden Sie Wolfgang Meuresch eine eMail!     
Lieber Herr Mehner,

zu: "Es gibt immer neue Behandlungsmethoden und Arzneimittel, immer mehr Gesundheitsleistungen werden nachgefragt."

Ja, diese "bösen Ärzte" sind an allem schuld... ;-)

WM

Peter Rapp
Mitglied
erstellt am: 26. November 2000 21:04     Sehen Sie sich das Profil von Peter Rapp an!   Senden Sie Peter Rapp eine eMail!     
ja salü mal wieder !

Las eben irgendwo, die PKV fängt jetzt damit an, zur GKV ergänzende Leistungen zu versichern.

Hatten Sie da die Finger drin ?

PR

Wolfgang Meuresch
Mitglied
erstellt am: 26. November 2000 21:06     Sehen Sie sich das Profil von Wolfgang Meuresch an!   Senden Sie Wolfgang Meuresch eine eMail!     
Nachsatz: "Versicherungsfritzen" sind in der Tat "kalte" Rechner:

In einer Tarifgruppe einer privaten Krankenversicherung gibt es Versicherte.

Irgendwann wird diese Tarifgruppe für den Neuzugang von weiteren Interessenten geschlossen.

Nicht zuletzt wegen der Alterung der Versicherten innerhalb dieser geschlossenen Tarifgruppe steigen die Behandlungsfälle und deren Intensität. Und damit die Kosten. Und damit die Beiträge.

So funktioniert die PKV.

WM

Wolfgang Meuresch
Mitglied
erstellt am: 26. November 2000 21:27     Sehen Sie sich das Profil von Wolfgang Meuresch an!   Senden Sie Wolfgang Meuresch eine eMail!     
Lieber Herr Rapp,

die PKV bietet schon seit langer Zeit Ergänzungstarife für die GKV-Versicherten an:

- Krankenhaus-Zusatz (Chefarzt und 1- bzw. 2-Bett-Zimmer)
- Zahnersatz
- GKV-Ergänzungstarif allgemein
- Auslandsreise
- Amb. Zusatztarife (inzwischen nur noch für die freiwillig Versicherten seit der Ära Andrea Fischer)

Ich empfehle den Pflichtversicherten teurer AOKèn und Ersatzkassen den besseren Versicherungsschutz für weniger Geld: Den Wechsel in eine günstigere BKK bei gleichzeitigem Abschluss einer z.B. Krankenhauszusatzversicherung.

Die jährliche Beitragsersparnis des Wechsels kann 1.000 DM und mehr betragen. Der private Zusatzschutz kostet je nach Eintrittsalter und Versicherungsgesellschaft zwischen 450 und 700 DM.

Wie gesagt: Besser versichert für weniger Geld.

WM

mehner
unregistriert
erstellt am: 26. November 2000 23:24           
Herr Meuresch, Sie Schlimmer, erst treiben
Sie die Leute in die BKK damit ich noch weniger Geld bekomme ;-) und dann empfehlen
Sie nur Zusatzversicherungen für den ambulanten Bereich ? Oder ist was beim GKV-
Ergänzungstariv und ambulanten Zusatztarif alles drin ?
Bislang hatte ich noch keine Patienten mit solcher Versicherung ? Wär ja ne tolle Sache.
Aber weil wir schon dabei sind. Wissen Sie
eigentlich nach welchem Recht die BKK en
teilweise bis zu zwei Drittel weniger " Kopfpauschale", ein schönes Wort, erinnert mich indirekt an alte Western, zahlen? Mir ist das leider nicht geläufig.
Übrigens, daß ich oben nicht falsch verstanden
worden bin. Ich finde nicht die Erhöhung unserer beider Versicherungsbeiträge, Herr Rapp, ;-) kritikwürdig, sondern nur die absurd abweichende Meinung in der GKV zur Frage des wirtschaftlichen Handlungsbedarfs
Gute Nacht MfG Mehner

mehner
unregistriert
erstellt am: 26. November 2000 23:27           
Nachtrag:
Sie nur Zusatzversicherungen für den stationären Bereich, leider vertippt.
Mehner

Dr. Matthias Solga
unregistriert
erstellt am: 26. November 2000 23:51           
Wer empfiehlt, in eine billigere Kasse zu wechseln, muß sich im Klaren sein, was er dem jeweiligen Versicherten zumutet. Die billigere Kasse nämlich zahlt an die ambulanten Ärzte z.T. nur die Hälfte, an alle anderen Leistungsanbieter zahlen sie denselben Betrag wie alle andeen Kassen. Eine Zusatzversicherung für Krankenhaus ist unnötig, da ja die billigere Kasse denselben Betrag zahlt für das Krankenhaus, da braucht es keine Zusatzversicherung. Ebenoswenig für MEdikamente und andere Leistungen. Nur beim niedergelassenen Arzt zahlt die Kasse eine wesentlich geringere Kopfpauschale. Da der Arzt aus ethischen und vertraglichen Gründen jeden Patienten gleich medizinisch behandelt, wird der Patient aus der billigen Kasse zum Patienten Dritter Klasse, was die darüberhinaus gehende Betreuung betrifft. Vergleich mit der Bahn oder dem Flugzeug ist durchaus angemessen. Dort wird Jeder mit derselben Sicherheit und Pünktlichkeit befördert, der darüber hinaus gehende Service ist erheblich unterschiedlich. So auch in Arztpraxen. Ob dann noch irgendein Arzt sich bemühen kann, die Wartezeiten für Patienten dieser Kassen in akzeptablen Größen zu halten, ist unklar. Ein Patient einer solchen Kasse muß damit rechnen, erst nach allen anderen, besser zahlenden Patienten ins Sprechzimmer gelangen zu können, wenn sich dies nicht aus medizinischen Gründen verbietet. Diese Patienten werden z.B. keine Termine mehr für weitergehende Untersuchungen oder für die Klinik vom Praxispersonal mehr erhalten können, dafür ist einfach für das bißchen Geld keine Zeit mehr. Also wird eine große Anzahl von Patienten sich weiterführende Ärzte selbst suchen müssen, die Klinik selbst suchen, Termine selbst vereinbaren müssen. Wer weiß, wie da jemand ohne entsprechendes know how aussieht, weiß, welch ein Aufwand auf diese Menschen zukommt. Daß die Zeitungen dann nicht mehr für alle Patienten ausliegen können und die Toilettenbenutzung nur noch für gut oder wenigstens akzeptabel zahlende Patienten kostenlos sein kann, wird eine gründliche wirtschaftliche Berechnung zeigen müssen. Der medizinische Standard ist für alle gleich - private Patienten oder Kassenpatienten erster oder zweiter Klasse. Der darum herum gebotene Service aber wird sich erheblich reduzieren.

Peter Rapp
Mitglied
erstellt am: 27. November 2000 00:34     Sehen Sie sich das Profil von Peter Rapp an!   Senden Sie Peter Rapp eine eMail!     
Lieber Herr Solga,

Ihre Säuernis über das Urteil der Berliner Richter teile ich voll und ganz.

Vordergründig und kurzfristig mögen die rechthaben, aber ob sie sich über die langfristigen landesweiten Konsequenzen ihres Spruchs klar waren, und ob sie die auch wollen würden, darf bezweifelt werden. Daß die Politik die will, aber zu feige ist, das laut zu sagen, dessen bin ich mir ganz sicher.

Ich glaube nicht so recht, daß Sie die Differenzierung im Service wirklich durchhalten können und wollen. Ich kann das jedenfalls nicht, würde es auch organisatorisch nicht gebacken kriegen. Meine Helferinnen ertappen mich da immer wieder: wer "mir liegt", kriegt halt mehr, wer nicht, eher weniger Zeit und Zuwendung und Service, egal wie versichert.

Mit "gleiches Recht für alle" hat doc budget schon recht. Ich fürchte allerdings, es wird auf Dauer ein gleiches Recht auf Weniger für alle sein.

PR

Dr. Matthias Solga
unregistriert
erstellt am: 27. November 2000 02:29           
Das klappt inzwischen so gut, daß Patienten einer bewußten Kasse mittlereile in Berlin keine akzeptablen Termine mehr bekommen. Wir handeln so nicht, aber da die Patienten woanders mehrfach abblitzen, haben wir einen erheblich höheren Anteil an Patienten dieser Kasse, die dann keinen weiteren Ausweg sehen als sich an der Rezeption als "akut" anzumelden. Wenn da 10-12 Leute von dieser Kasse sitzen, die eben nicht akut sind (was bei uns relativ schnell geht), sondern Beratungsbedarf haben der Zeit kostet, da ist es dann keine Entscheidung mehr, die ich frei treffen kann: die Patienten können definitiv nicht mehr den vollen Service geboten kriegen, sonst liegen die Wartezeiten für diese Personen bei 3-4 Stunden. Das ist dann für Jeden, selbst für "Schlechtzahler" nicht zumutbar. Diese Verhältnisse, die ich beschrieben habe, ergeben sich aus Sachzwang, nicht etwa aus einer freien Entscheidung heraus.

Martin
unregistriert
erstellt am: 27. November 2000 13:46           
Lieber Herr Solga,

als BKK Mitglied und Beitragszahler kann ich dazu nur folgendes sagen:
BKK's sind wie die Ersatzkassen gesetzliche Krankenversicherungen. Die Leistungen sind zu 96% gesetzlich vorgeschrieben.
Wie Ihre Standesvertretung Ihre Bezahlung durch die besagten Krankenkassen aushandelt, ist Ihr Problem, nicht meines. Übrigens subventionieren 60% meiner Beitragsleistung auch die traditionellen Kassen.
Für den Fall, dass ein Arzt mir eine gesetzliche Leistung verweigert (unter dem Beisein von Zeugen), mit dem Argument, BKK`s zahlen zu wenig, werde ich diesen rechtlich belangen. So einfach ist das.

Stiens
Mitglied
erstellt am: 27. November 2000 18:32     Sehen Sie sich das Profil von Stiens an!   Senden Sie Stiens eine eMail!     
ad 1: Erhöhung der Prämien in der PKV:
Die Höhe der Prämien in der PKV ist abhängig vom Risiko! Lange Zeit waren Ärzte ein "gutes" Risiko, denn sie waren "billig" weil sie selten krank sind und wenn doch einmal, ihre Behandling billig war:keine Rechnung der Kollegen, Medikamente kostenlos über Muster, nur für einen eventuellen Krankenhausaufenthalt mußte an das Krankenhaus der Pflegesatz bezahlt werden, denn selbstverständlich schrieb auch der behandelnde Krankenhaus(Chef)arzt keine Rechnung!
Leider alles von gestern!!!
Die Musterabgabe der Pharmaindustrie ist gesetzlich beschränk6t worden, die Herren Chefärzte schreiben saftige Rechnungen und - in meinen Augen eine Schande - auch die niefergelassenen Kollegen langen immer häufiger kräftig zu mit dem Argument: Der Kollege ist ja versichert.
Kein Wunder, daß auch für Ärzte die Prämien der PKV steigen!!

ad Martin:
Die von den Ärzten zu erbringenden Leistungen für in der GKV Versicherte sind festgelegt: Ausreichend, wirtschaftlich und zweckmäßig! Von Service ist da keine Rede!!!

Seitz
Mitglied
erstellt am: 27. November 2000 20:49     Sehen Sie sich das Profil von Seitz an!   Senden Sie Seitz eine eMail!     
Lieber Martin,
<<Für den Fall, dass ein Arzt mir eine gesetzliche Leistung verweigert (unter dem Beisein von Zeugen), mit dem Argument, BKK`s zahlen zu wenig, werde ich diesen rechtlich belangen. So einfach ist das.<<

Gegen welches Recht verstößt ein Arzt
ihrer Meinung nach, wenn er eine Leistung, die ihm nich bezahlt wird verweigert??

m.s.

Peter Rapp
Mitglied
erstellt am: 27. November 2000 20:50     Sehen Sie sich das Profil von Peter Rapp an!   Senden Sie Peter Rapp eine eMail!     
Lieber Martin,

ich habe heute ein weiteres sinnvolles im Verhältnis teures Medikament definitiv aus meiner hauseigenen Verordnungsdatei "Kassen" herausgenommen.

Der erwünschte objektive Effekt (normale Hormonspiegel und normale Blutung, Wohlbefinden) ist für ein Drittel DM weniger mit einer anderen Applikationsform zu erreichen. Auf die subjektive Angabe einer Patientin, die Billigversion "schlechter zu vertragen", kann ich ab sofort keine Rücksicht mehr nehmen. Objektive Gründe, die teurere Version zu verordnen, sind mir nicht bekannt.

Gleiches Recht für alle. Keine Kassenpatientin bekommt mehr die teurere Version. So einfach ist das. Sind Sie jetzt zufrieden ? Na bravo !

Klare Aussagen: Nach ihrer Öffnung haben die Sparkassen Kundenwerbung unter Risikoselektion betrieben. Sie entziehen dem gesamten GKV-System immense Summen. Den lächerlichen drei Prozent Beitragsersparnis stehen als Gegenwert halbierte Kopfpauschalen gegenüber. Der Risikostrukturausgleich kann das nicht auffangen. Es wird weniger für alle übrigbleiben.

Übrigens: Kassenärztliche Vereinigungen sind keine Standesvertretungen.

Eindringlicher Rat: Bleiben Sie gesund !

PR

Seitz
Mitglied
erstellt am: 27. November 2000 21:01     Sehen Sie sich das Profil von Seitz an!   Senden Sie Seitz eine eMail!     
Stellungnahme eines Medizinrechtsfachmannes:

Was sich nicht rechnet, müssen Sie auch nicht erbringen

"Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen", empfiehlt der Hamburger Medizinrechtler Jörg Hohmann, wenn es darum geht, ob Sie als Vertragsarzt Leistungen erbringen müssen, die sich beim ständigen Punktverfall eigentlich nicht mehr rechnen. Sein Fazit: Drohungen von Kassen und KVen ziehen nicht, denn rechtlich stehen Sie auf sicherem Terrain. Im Interview erfahren Sie, was Sie beachten müssen..
Sich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, empfiehlt der Medizinrechtler Jörg Hohmann den niedergelassenen Ärzten, die sich wegen massiver Schuldzuweisungen in den Medien mitunter verunsichern lassen. Er verurteilt die Panikmache einiger Kassen und Verbände, die Ärzte verhielten sich vertragsbrüchig, wenn sie aus Budgetzwängen den Patienten Behandlungen auf Chipkarte verweigerten. Im Gespräch mit facharzt.de stellt der Hamburger Rechtsanwalt klar, dass die angeprangerte Leistungsverweigerung im Gegenteil legitim und unter bestimmten Umständen Recht eines jeden Vertragsarztes sei.
Herr Hohmann, ist es wirklich vertragswidrig, wenn niedergelassene Ärzte Kassenleistungen verweigern?
Nein, in der GKV gilt zwar das so genannte Sachleistungssystem, das heißt Behandlung über Chipkarte für jeden GKV-Versicherten. Aber auch ein Vertragsarzt muss unternehmerisch handeln und seine eigene Existenz sichern. Er muss nicht alle für seine Fachgruppe im EBM beschriebenen Leistungen vorhalten und kann sich auf ein Spektrum beschränken, das für ihn rentabel ist. Schließlich wiederholt das Bundessozialgericht in ständiger Rechtssprechung, dass der Vertragsarzt das Rentabilitätsrisiko seiner Praxis selbst trägt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass öffentlich gebundene Berufe wie beispielsweise Rechtsanwälte und Notare Anspruch auf angemessene Vergütung haben. Das Urteil gilt analog für niedergelassene Ärzte. Es gibt keinen Grundsatz, der diese Berufsgruppen zum öffentlichen Dienst verpflichtet, aber verlangt, das dafür erforderliche Geld gleich mit zu bringen, weil die Leistungen nicht kostendeckend erbracht werden können.
Was heißt das konkret für niedergelassene Ärzte?
Das bedeutet, Sie müssen als Vertragsarzt nicht alles, was theoretisch machbar ist, auch anbieten. Zwar müssen Sie laut Gesetz an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Sicherstellungsauftrag aber bleibt Aufgabe der KV. Das Bundessozialgericht hat im Urteil zur Aufhebung der rückwirkenden Teilbudgetierung festgestellt, dass sich Vertragsärzte bei der Auswahl ihres Spektrums daran orientieren können, ob sich die entsprechende Behandlungsziffer überhaupt betriebswirtschaftlich für sie rechnet.
Zu unrentablen Leistungen ist der einzelne Arzt nicht verpflichtet.
Was kann er in einem solchen unrentablen Fall tun, wann liegt der vor?
Laut Bundesmantelverträgen, die die vertragsärztliche Tätigkeit regeln, können Leistungen über Chipkarte in begründeten Fällen verweigert werden. Die liegen zum Beispiel dann vor, wenn der Arzt aus Rentabilitätsgründen eine Behandlung innerhalb des Sachleistungssystems nicht mehr vornehmen kann. Die darf er aber unter bestimmten Voraussetzungen dem Kassenpatienten privat anbieten.
Welche Schritte empfehlen Sie in der Zwangslage der unzureichenden Kostendeckung?
Die Kassen können ihren Versicherten die über GOÄ berechneten Leistungen erstatten. Wenn die ambulante Sicherstellung einer bestimmten Leistung nicht gegeben ist, sind die Kassen sogar nach Paragraf 13 Absatz 3 SGB V verpflichtet, die ausgelegten Kosten an ihre Versicherten zurückzuzahlen.
Dann liegt ein klarer Fall von Systemversagen vor. Fazit: Durchkalkulieren, welche Leistungen kann ich über das Sachleistungssystem der GKV nicht mehr kostendeckend erbringen. Den Patienten darüber aufklären, dass er diese Behandlung möglicherweise noch über Chipkarte bei einem Fachkollegen erhalten kann. Selbst könne er diese Leistungen nur noch privat anbieten. Diese würden dann ausnahmslos für alle Kassen nur noch privat abgerechnet. Der Patienten muss aber darüber aufgeklärt sein und es muss eine schriftliche Einverständniserklärung vorliegen.

Wolfgang Meuresch
Mitglied
erstellt am: 30. November 2000 01:37     Sehen Sie sich das Profil von Wolfgang Meuresch an!   Senden Sie Wolfgang Meuresch eine eMail!     
Lieber Herr Mehner,

der ambulante Zusatztarif der PKV – inzwischen leider nur noch für die freiwilligen Mitglieder der GKV abschließbar – sieht die Kombination von Sachleistungsprinzip der GKV und dem Erstattungsprinzip der PKV für den Versicherten vor. Ausnahmslos gibt es hier eine Selbstbeteiligung.

Die Kopfpauschale der BKKèn liegt im Bundesdurchschnitt bei 860,00 DM. Es gibt durchaus regionale Unterschiede. Die bis zu zwei Drittel weniger im Vergleich zu den etablierten Kassen sind definitiv falsch.

Die PKV kann ihre Kosten ganz überwiegend nur über Beitragserhöhungen finanzieren – denn es gilt das individuell dokumentierte Leistungsversprechen. Die GKV hingegen hat keine privatwirtschaftlichen Verträge mit ihren Versicherten und ist teilweise anderen Zwängen unterworfen. Der wirtschaftliche Handlungsbedarf der GKV ist daher stärker an der Kostensituation orientiert, und zwar den Arbeitgebern als auch den Versicherten gegenüber.

Am stärksten für den Versicherten wahrnehmbar kommt dies m.E. beim Arzneimittelbudget zum Ausdruck.

WM

Wolfgang Meuresch
Mitglied
erstellt am: 30. November 2000 01:42     Sehen Sie sich das Profil von Wolfgang Meuresch an!   Senden Sie Wolfgang Meuresch eine eMail!     
Herr Solga,

Ihr Horrorszenario spiegelt recht einseitig Ihre Interessenkollision wider.

Zur Kopfpauschale siehe meine vorangegangene Antwort an Herrn Dr. Mehner.

Die private Krankenhaus-Zusatzversicherung ist mitnichten unnötig. Sie wissen sicherlich, dass der niedergelassene Arzt den GKV-Versicherten:

1. nur in das nächsterreichbare Krankenhaus statt in das „bestgeeignete“ überweisen darf. Und nach dem SGB muss der Patient/Kunde den Differenzbetrag zwischen beiden Pflegesätzen selber zahlen. (Die Kassen verfolgen diesen Punkt allerdings bis heute kaum.)

2. mit seiner Überweisung in das Krankenhaus nur einen Anspruch auf die Behandlung des diensthabenden Stationsarztes statt des Chef-/Oberarztes dokumentiert.

3. mit seiner Überweisung in das Krankenhaus lediglich dessen Unterbringung in ein Mehrbettzimmer besorgt statt in einem 1- oder 2-Bett-Zimmer.

Gerade die ambulanten Kosten sind dem Patienten/Kunden nicht transparent. Und wer garantiert dem AOK- oder Ersatzkassen-Versicherten eine Vorzugsbehandlung gegenüber dem BKK-Versicherten? Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage?

Lieber eine verbriefte Verbesserung des Versicherungsschutzes als eine vernebelt-subjektive Panikmache.

WM

Dr. Matthias Solga
unregistriert
erstellt am: 30. November 2000 02:30           
Komisch, Herr Meuresch, einerseits halten Sie zusätzliche Zahlung im stationären Bereich für mehr Service, im Falle der Chefarztbehandlung sogar für bessere medizinische Behandlung für ratsam, andererseits ist meine Darstellung, daß es für mehr Geld besseren Service ambulant gibt, angeblich einseitig.
Herr Meuresch: gleiches Recht für alle, sogar für Ärzte, mehr fordere ich gar nicht. Wenn Sie mir das gleiche Recht, das Sie für die stationäre Behandlung verteidigen, vorenthalten, zeigen Sie, daß Ihre Sichtweise sehr einseitig ist.

Und erneut muß ich gleiche Behandlung fordern: gestezlich-vertraglich bin ich zur Erbringung medizinischer Letsungen in ausreichendem usw. Umfang verpflichtet, das tu ich weiterhin für Jeden. Ich bin nicht verpflichtet, jedem Patienten dieselbe Wartezeit und Kaffee zu garantieren. Überall woanders ist das erlaubt, was nicht verboten ist, s. Lufthansa, s. Bahn usw. Nur ich als Arzt soll nur das tun dürfen, was mir explizit erlaubt wird? Sind wir Ärzte Aussätzige, die anderen Gesetzen zu gehorchen haben als der Rest der Gesellschaft? Reicht die Perversion der Beweislastumkehr bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung, beim Medikamentenregreß usw. nicht schon aus, wollen Sie meine Tätigkeit auch anderweitig außerhalb der ansonsten gültigen Normen stellen?

Dr. Matthias Solga
unregistriert
erstellt am: 30. November 2000 02:35           
Ich bin über Ihre Unverschämtheit immer noch nicht beruhigt, Herr Meuresch. Diese Unverfrorenheit der Ungleichbehandlung von Ärzten, Herr Meuresch, ist grundgesetzwidrig und ich empfinde das als persönliche Herabsetzung. Wer so denkt wie Sie sollte sich aus öffentlich wirksamen Tätigkeiten heraushalten und ggf. durch unabhängige Dritte dazu gebracht werden.

mehner
unregistriert
erstellt am: 30. November 2000 12:35           
Hallo, nicht gleich eine Prügelei anfangen.
Hatte bei einer BKK von einer Kopfpauschale von 450 DM gehört, aber was hört man heute nicht so alles an falschen Zahlen.
Wenn mal einer zuverlässige Angaben zu den
Kopfpauschalen einzelner Kassen hat, wär das für mich sehr aufschlußreich.
Meine Kernfrage, Herr Meuresch ( vielen Dank
für die Antwort) war: Auf welcher gesetzlichen Grundlage dürfen die BKK en
denn geringere Kopfpauschalen vereinbaren als die AOK oder Ersatzkassen ? Wer kann dazu
eine Erklärung bieten. Wie errechnet sich denn die Höhe der Kopfpauschale der KK ?
MfG Mehner

Gast
unregistriert
erstellt am: 30. November 2000 20:29           
In einem Rundschreiben rechnete der Landesverband der Ersatzkassen in Hessen genau vor, wieviel Honorar den Ärzten angeblich verloren geht, wenn eine bestimmte Zahl an Versicherten von den Ersatzkassen zu einer außerhessischen BKK wechselt. UDazu erklärten die Ersatzkassen auch gleich, welche Schlußfolgerungen der Arzt daraus zu ziehen hätte. In dem Brief hieß es: "Vor diesem Hintergrund ist es auch für Sie, sehr geehrter Herr Dr. xxx, von Interesse, die Mitgliederentwicklung der Ersatzkassen zu stärken. Von einer positiven Mitgliederentwicklung profitieren auch Sie, "Denn es ist ja Ihr Geld!"".
Entscheidend ist etwas anderes: Erstens gehen Ersatzkassen-Patienten öfter zum Arzt als die ersicherten der Primärkassen und verursachen deshalb auch mehr Kosten, für die eine Versicherung eigentlich einstehen müßte. Zweitens bekommt der Arzt für die medizinische Betreuung eines Ersatzkassen-Patienten nicht mehr als für einen Primärkassen-Patienten. 1998
waren dies in Hessen 96,75 DM pro Fall bei den Ersatzkassen und 98,76 DM für einen Primärkassen-Fall. Und damit läuft die Argumentation der Ersatzkassen bei den Ärzten sowieso ins Leere.

Dr. Matthias Solga
unregistriert
erstellt am: 30. November 2000 23:13           
Kopfpauschalen s.

http://www.kvberlin.de/Navigation/navigatpub.html

Beispiel: Q. 4/99
AOK Berlin 196,67
BKK Berlin 231,46
BKK VBU 102,21
IKK Berlin 160,57
Barmer 267,89

BKK VBU zahlt 38,2 % der Kopfpauschale der Barmer, also knapp zwei Drittel mehr.
Dazu Zitat Meuresch:

"Die bis zu zwei Drittel weniger im Vergleich zu den etablierten Kassen sind definitiv falsch."

Herr Meuresch, Sie liegen definitiv falsch. Aber es ist ja bei Herrn Meuresch Methode, von Fakten unbeeinflußt Unwahrheiten zu behaupten.

Folgende Info der KV Berlin ist auch ganz interessant:

http://www.kvberlin.de/Homepage/publikation/archiv/kvbla0600/kvb0600i.html

Dr. Matthias Solga
unregistriert
erstellt am: 30. November 2000 23:14           
Korrektur:

"zwei Drittel mehr" muß natürlich heißen: "zwei Drittel weniger".

Freud läßt grüßen!

Dr. Matthias Solga
unregistriert
erstellt am: 02. Dezember 2000 00:34           
an Martin:
Als Beitragszahler haben Sie Anspruch af medizinische Behandlung. Der steht Ihnen zu, nichts Anderes habe ich jemals behauptet. Und Sie haben Recht, wenn Sie einen Arzt verklagen (oder disziplinarisch von der kassenärztlichen Vereinigung zur Verantwortung ziehen lassn), wenn er medizinische Leistungen, zu denen er verpflichtet ist, Ihnen gegenüber mit dem Argument ablehnt, Sie seien BKKsoundso versichert. Aber nur in der beschriebenen Konstellation! Bei jeder Abweichung vom beschriebenen Text kann der Arzt Recht haben und Sie bekommen die von Ihnen geforderte Leistung zu Recht nicht. Wenn er/sie z.B. medizinische Leistungen aus anderen Gründen verweigert, so kann das gesetzlich gefordert sein, so darf er z.B. bei Weitem nicht mehr jedes Medikament verordnen usw.

Daß Sie weniger zahlen und dafür natürlich auch nur weniger bekommen können, ist natürlich Ihr Problem, nicht das der KV. Ein Bahnfahrer kann auch erster Klasse fahren, er wählt aber bewußt 2. Klasse, um Geld zu sparen. Da kommt er dann genau so sicher an und genau so pünktlich wie in der ersten Klasse, aber bei Weitem nicht so bequem. Genau dasselbe geschieht Ihnen: wir Ärzte garantieren denselben Behandlungsstandard wie allen Kassenpatienten. Aber darüber hinaus können wir Ihnen für weniger Geld natürlich nicht denselben Service bieten können. So wird der Arzt, wenn mehrere unangemeldete Patienten gleichzeitig in der Praxis erscheinen, dem besser Zahlenden weniger Wartezeit zumuten als dem schlechter Zahlenden. Wir überlegen bei den enormen Reinigungs- und Unterhaltskosten in unseren Toiletten (in der Urologie ganz natürlich), ob wir die Toiletten noch kostenlos anbieten können für die paar Pfennige, die wir von einigen Kassen bezahlt bekommen. Die ausliegenden Zeitungen sind auch nicht geschenkt, die werden dann eben auch nicht mehr allen Patienten kostenlos zur Verfügung stehen können, usw. ABER: die medizinische Behandlung erhalten alle gleich! Dies ist vertraglich, aber vor Allem ethisch nicht anders möglich.

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