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Skeptic's Dictionary
 

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Wicca

Eine Naturreligion, die auf dem basiert, was man für die Praktiken und Rituale alter Religionen hält - insbesondere in der keltischen Tradition - von denen man glaubt, sie seien mehr in Harmonie mit den Naturkräften als das Christentum und andere westliche Religionen. Anstelle Wiccaner als Mitglieder einer Religion zu betrachten, sollte man sie etwas präziser als Menschen sehen, die eine gemeinsame spirituelle Basis in der Natur und in natürlichen Phänomenen teilen. Wicca-Anhänger haben weder ein überliefertes Glaubensbekenntnis, an das sich die Orthodoxen halten müssen, noch steinerne Tempel oder Kirchen, in denen man betet. Sie führen ihre Rituale in Parks, Gärten, Wäldern, Hügeln und ganz allgemein in der freien Natur durch. Auf einer Wicca-FAQ-Seite heißt es:

    "Wicca" ist der Name einer modernen neuheidnischen Religion, die größtenteils von einem pensionierten britischen Beamten namens Gerald Gardner (in den späten 1940ern) verbreitet und propagiert wurde. In den letzten Jahrzehnten hat sich Wicca auch aufgrund seiner Beliebheit unter Feministinnen und generelle Frauen ausgebreitet, die eine frauenfreundliche und erverbundene Religion suchen. Wie die meisten neuheidnischen Gemeinschaften wird auch bei Wicca das Heilige als untrennbarer Bestandteil des Natürlichen verehrt, wobei viele Ideen und Vorstellungen von nicht- und vorchristlichen Religionen Europas übernommen wurde. "Neu-Heidnisch" bezieht sich auf die "Heiden" (lat. paganus, engl. pagan), also im Deutschen die Menschen, die in der "Heide" (auf dem Land) lebten. Die heidnischen Religionen gehen zurück bis weit vor die Zeit der heutigen monotheistischen (Eingott-) Religionen. Man könnte sagen: Die meisten Wiccaner sind Neuheiden, aber nicht alle Heiden sind Wiccaner.[Wicca FAQ]

Eine brauchbare Faustregel scheint zu sein, daß es keine einzelne Sammlung von Glaubenssätzen oder Gebräuchen gibt, die Wicca definieren, obwohl man häufig auf die Überzeugung stößt: Solange es keinem schadet, tu was du willst. Auch einige der Rituale scheinen öfter vorzukommen; Wiccaner führen zahlreiche Rituale durch, die man mit Naturerscheinungen wie dem Wechsel der Jahreszeiten, Winter- oder Sommersonnenwende in Verbindung bringen kann. So feiern sie zum Beispiel den Sommer in einem Fruchtbarkeitsritus, der als Beltane bekannt ist. Anstatt einen unnatürlichen Gott jenseits aller Erfahrung anzubeten, scheinen sich Wiccaner mehr mit Selbsterfahrung und dem Erlebnis der Verbindung zur Natur und zu Naturgottheiten zu befassen, die männlich und weiblich sein können. Ihre Rituale wirken wie Metaphern für psychologische Prozesse. Man singt, tanzt, betet, zündet Kerzen und Weihrauch an und verwendet Kräuter und Amulette und ziehen häufig die Naturheilkunde der traditionellen Medizin vor. In Gruppenritualen drücken sie ihr Bedürfnis aus, eine Gemeinschaft zu sein; sie murmeln keine Zaubersprüche, sondern bitten um den Segen aus Norden, Süden, Osten und Westen. Wiccaner meditieren; sie brauen keine Gifttränke in Kessel. Sie fliegen nicht auf Besenstielen davon. Sie beten nicht, um ihren Feinden zu schaden. Da Wiccaner offenbar die Natur und Naturgottheiten verehren, kann man sie Pantheisten nennen.

Wiccaner sehen sich selber als Anhänger einer Naturreligion. Ihre Rituale basieren auf den Jahreszeiten als Symbolen für die Verbindung zwischen Mensch und Natur. Ich bezweifele jedoch, daß irgendwelche barfüßigen Wiccaner, sich im Kreis an den Händen haltend, mit der Mutter Dionysos' beten, die vom Blitzschlag verbrannt wurde. Die wahren Naturanbeter sind die Statuen von Pompeji. Sie sehen zu, wenn ihre Kinder von der Springflut fortgetragen werden. Sie werden vom Tornado aus ihren Häusern gerissen und in den Vulkan geschleudert. Die wahren Naturgläubigen liegen ehrfürchtig unter einer gleichgültigen Sonne, die sieben Jahre der Dürre gebracht hat. Sie verschwinden in riesigen Erdspalten, entstanden durch wahllos agierende Naturkräfte. Wiccaner richten Gesänge an Wind, Luft, Feuer und Erde, aber fallen sie auf die Knie, wenn der Hurrikan kommt? Betrachten sie ehrfürchtig die schreckliche Mörderin, die sie ihre Mutter nennen und die uns sinnlos und blind tötet? Ich frage mich, wie viele Wiccaner wohl im Auge eines Orkans beten? Wenn sie sich mit den kreativen Energien der Natur - wie etwa Fruchtbarkeit - in Verbindung bringen wollen, sollten sie auch die zerstörerischen Kräfte der Natur nicht ignorieren, denn sie sind so natürlich wie Sonnenwenden und so gesegnet wie der Vollmond. Fruchtbarkeit und Furchtbarkeit liegen nicht weit auseinander.

Keine wiccanische Magie hat jemals eine Überschwemmung aufgehalten, den Blitz gezündet, den Wirbelwind beruhigt, die Erde geweckt oder den Tsunami eingeschläfert. Die Anziehungskraft Wiccas kann auf ihre Frauenfreundlichkeit, ihre natürliche Einstellung zu Sex und auf das Versprechen magischer Macht zurückgeführt werden. Wicca ist sehr beliebt bei Frauen, und es ist verführerisch zu sagen, Wicca sei die Rache der Frauen für Jahrhunderte von Frauenhaß und -mord seitens der etablierten Religionen. Der Wicca-Kult erlaubt - wie schon die keltischen Religionen - Frauen vollkommene Anteilnahme an allen Ritualen und Praktiken. Frauen sind Männern gleichgestellt, wenn nicht sogar überlegen. Die Frauen der keltischen Mythologie sind, gelinde ausgedrückt, ungewöhnlich. Sie sind intelligente, kampfstarke Kriegerinnen voller sexueller Aggressivität; sie sind Führerinnen großer Völker.

Es ist vielleicht nicht überflüssig, darauf hinzuweisen, daß Wicca nichts mit Satanismus zu tun hat. Die Identifikation von Hexen (engl. "witches" stammt von altengl. wicce/wicca - gesprochen wie "witche/witcha" - daher liegt die sprachliche Verbindung nahe. Unser deutches "Hexe" geht auf "Hecke" zurück, AdÜ) mit satanischen Praktiken wurde im Christentum vorgenommen, besonders zu Zeiten der Inquisition. Der Geist der fanatischsten Inquisitoren lebt jedoch weiter in den Herzen zahlreicher überzeugter Christen, die unter anderem auch Wiccaner als Teufelsanbeter verfolgen. Diese modernen Inquisitoren errichten keine Scheiterhaufen. Sie versuchen vielmehr, Halloween zu verbieten [Halloween ist sprachlich auf "All Hallow's Eve" zurückzuführen, was den Abend vor Allerheiligen meint - vgl. "New Year's Eve" (Neujahr) oder "Christmas Eve" (Heiligabend). Es ist eine Übernahme eines alten keltischen Festes, das als "Samhain" bekannt war. Seit 834 findet Allerheiligen am 1. November statt, was den 31. Oktober zu Halloween macht (zuvor war Allerheiligen der 1. Mai). In der angelsächsichen Welt ist Halloween so etwas wie ein Karneval für Kinder, allerdings manchmal mit leicht gruseligen Untertönen (man denke etwa an den Film "Halloween" von John Carpenter), AdÜ] oder gegen Mannschaftsnamen wie die "Roten Teufel" (1. FC Kaiserslautern) vorzugehen. Weitere Angriffsziele sind Kinderbücher, die mit Hexen zu tun haben, und natürlich jede Zahl, jedes Symbol und Zeichen, das von diesen Christen mit Satan assoziiert wird. Eine Pizzeria in meiner Heimatstadt wurde sogar aufgrund der Gestaltung ihrer Pappschachteln belangt; die örtliche Hexenjägerbrigade behauptete, die Zeichen auf der Schachtel seien Symbole Satans. Die Pizzeria, mutig wie St Georg gegen den Drachen, entschied sich, das Design ihrer Schachteln zu veränden, um keine negative Publicity zu erhalten. Am ersten Frühlingstag 1996 war im Lokalteil unserer Zeitung zu lesen, es gebe in der Stadt einen kleinen Hexenzirkel. Man stellte die nur aus Frauen bestehende Gruppe als harmlose Naturanbeter dar, die tanzten und Segnungen von Norden, Süden, Osten und Westen erbaten. Der Artikel veranlaßte einen Leser, einen langen Brief an die Redaktion zu schreiben, der sich über die Naivität und Unwissenheit des betreffenden Journalisten beklagte. Der Leser gab einen Überblick über die lange Geschichte der Verbindungen zwischen Hexen und Satan, und die Unterschrift war: "Ein überlebendes Opfer eines satanischen Rituals". Man kann die Aufrichtigkeit des Briefes nicht anzweifeln; sie war so echt wie diejenige der Frauen von Salem (in Salem, MA, fanden 1692 die berühmtesten amerikanischen Hexenprozesse statt; siebzehn Menschen wurden gehängt - nicht verbrannt, wie immer wieder zu lesen ist. Viele Angeklagte bezichtigten sich schließlich selber der Hexerei, AdÜ). Sind die modernen Opfer des Satanismus so irregeleitet wie die Hexen, die von frommen Christen durch alle Jahrhunderte hindurch gejagt wurden und selber der Überzeugung waren, sie seien so böse wie ihre Verfolger meinten? Sind sie Wiccaner von heute Teil einer satanischen Verschwörung? Kaum. Falls es tatsächlich Christen geben sollte, die systematisch von Satanisten mißhandelt werden, dann sind die Täter nicht Mitglieder einer internnationalen Verschwörerreligion namens Wicca.

Leserkommentar

 

Weiterführende Literatur (englisch)

Cahill, Thomas. How the Irish Saved Civilization (New York: Nan A. Talese Publishing, 1995), ch. 3 "A Shifting World of Darkness".

Carus, Paul. The History of the Devil and the Idea of Evil (La Salle, Illinois: Open Court Publishing Company, 1974), unabridged reproduction of the original 1900 edition.

Hicks, Robert D. In Pursuit of Satan : the Police and the Occult (Buffalo, N.Y.: Prometheus Books, 1991).

Sagan, Carl. The Demon-Haunted World - Science as a Candle in the Dark, ch. 7 "The Demon-Haunted World," (New York: Random House, 1995).

 

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