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Bremerhaven, 23.9.98

Starr, Clinton, und andere Nebensächlichkeiten

Der Starr-Report bringt nicht nur die amerikanische Regierung ins Wanken, sondern - was weitaus schlimmer ist - auch das Internet ins Trudeln: in Spitzenzeiten mehr als 350.000 Abfragen pro Minute bei dem betreffenden Regierungs-Server Thomas. Um die Wucht der vielen Millionen Abfragen abzufangen, wurden auf Mirror-Sites Kopien der Texte bereitgehalten, Nachrichtenagenturen sprangen hilfreich ein.

So wäre denn das Internet, für militärische Zwecke geschaffen, weder in einem kalten Krieg noch einem heißen, sondern beinahe an der sexuellen Neugier der Gegner gescheitert.

Was zu der Frage reizt, was denn wohl im Falle eines militärischen Konfliktes geschehen würde, wenn gezielt mit pornographischem Material gebombt würde.

Und es bietet Grund zu der Frage, ob sich militärische Konflikte nicht von vornherein durch Pornographie begrenzen lassen, indem man die militärischen Installationen im Internet lahmlegt. Wird in Zukunft Krieg verhindert durch Pornographie?
 
Und ich erlaube mir die Frage, ob nicht schon seit Jahren dieses Szenario abläuft - und die Porno-Sites alle Teil eines anti-amerikanischen Komplotts sind...

Amerika muß mit Schrecken Kenntnis nehmen von der Tatsache, daß auch Präsidenten sich sexuell fortpflanzen. Und das in einem Land, in dem (ich zitiere) "immer mehr Bücher mit Bann belegt werden und aus den Bibliotheken verschwinden, weil sie Anstoß erregen. Sogar die Bibel steht auf der Abschußliste:


Päpstlicher als der Papst, sogar göttlicher als Gott! Da wird sogar das Wort Gottes als anstößig verboten. Das muß man sich mal vorstellen! Und dann kommt ein Herr Starr und veröffentlicht heiße Details aus dem Intimleben des Präsidenten. Und das auch noch im Internet, wo jeder drankommt. Und dann auch noch auf einer offiziellen Web-Site des amerikanischen Staates. Katastrophe!!!

Amerika im Notstand. Erklärungsnotstand. Auf der einen Seite Hilfeschreie, daß Kinder "diese Dinge da" bitte NICHT lesen sollten. Auf der anderen Seite Notstand bei denen, deren Kinder Fragen stellen. Für alle diese Unfähigen kam Hilfe in schlimmster Not: "Die Sonderausgabe des Starr-Report, für Kinder".

Nun, für Kinder ist sie weniger geeignet. Vielmehr für diejenigen, die nicht mit der Wahrheit und nicht mit Kindern umgehen können. Beides große Probleme. In Deutschland kennen wir das. Ein Herr Kolle half uns damals aus der Klemmetheit. Ist Starr, wenn auch ungewollt, ein Vorbereiter der lange überfälligen Aufklärung, der sexuellen Revolution -- in einem Land, das gebietsweise noch nicht einmal die Evolutionstheorien eines Herrn Darwin in den Schulen unterrichten läßt, weil sie gotteslästerlich sind?
 
Die Folgen der Präsidenten-Affaire ziehen sich bis hinein in das Privatleben der amerikanischen Bürger - und nicht nur der amerikanischen!: Wer kann sich heute noch dem Genuß einer Zigarre hingeben, ohne ringsherum fröhliches Grinsen zu erregen!?

Und in Deutschland? Die Fernsehkommentatoren ergehen sich in "Iiiieh!"s und "Bäh!"s. Die Politiker sagen es deutlicher und kotzen sich gleich ganz aus (sinngemäßes Kanzlerzitat). Dabei können wir hier doch sehr zufrieden sein. Wenn herauskäme, daß ein deutscher Politiker eine Affaire hat, würde man ihm höchstens aus Anteilnahme eine Packung Viagra schicken oder murmeln "Wer hätt' au' des denkt!?"

Wir in Deutschland können wirklich zufrieden sein: Zeitungen erleben höhere Auflagen, Sender höhere Einschaltquoten. Die Werbung freut sich. Arbeit! Aufschwung! Und erst die Politiker! Die Politiker sind überglücklich, daß sich niemand mehr um ihre politischen bis kriminellen Fehler (was oft genug das Gleiche ist) kümmert. Und das auch noch soooo dicht vor der Wahl! Besser hätte es gar nicht kommen können!

Aber eins sollte keiner von ihnen tun: öffentlich eine Zigarre rauchen...

Armes Deutschland

e-Mail: sfb@ariplex.com

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